Messias 2015

Messias 2015

Kantorei begeisterte mit „Messias“

„Was der Konsumterror an meiner Adventsstimmung kaputt macht“, sagte eine Dame in der wie gewohnt voll besetzten Johannes-Calvin-Kirche, „das hole ich mir jedes Jahr in Friedrichsfeld zurück“. Besser kann man den Zauber nicht erklären, den die langjährige Kantorin Claudia Schwabe mit ihrer großartigen Kantorei alljährlich in den Seelen jener Musikfreunde entzündet, die aus Nah und Fern in den Mannheimer Vorort pilgern. Wissend, dass ihnen auch stets erstklassige musikalische Qualität geboten wird, auch wenn es sich um ein so anspruchsvolles Werk wie Georg Friedrich Händels „Messias“ handelt.

Auch diesmal hatte Claudia Schwabe ihre Kantorei und die als Instrumentalpartner fungierende Sinfonietta Mannheim bestens vorbereitet und ein exzellentes Soloquartett verpflichtet. Außerdem hatte sie das ausgedehnte Werk so behutsam gekürzt, dass niemand auf seine Lieblingsarien und –chöre verzichten musste. Die Kantorei bestach wiederum durch blitzsaubere Intonation, im heiklen A-cappella-Chorsatz „Wie durch Einen der Tod“ wie in extremen Höhenregionen, durch Koloraturengewandtheit in den anspruchsvollen Chorfugen und dynamische Flexibilität.

Die Sinfonietta Mannheim, vielfach dem Studentenalter kaum entwachsen, wusste sich dank Claudia Schwabes perfekter Partiturbeherrschung und präziser Zeichengebung in sicherer Hut. Die stark geforderte Continuo-Gruppe ließ allenfalls bei der Arienbegleitung bisweilen die nötige Sensibilität vermissen. Ohne Makel die Instrumentalsoli, etwa die obligate Trompetenbegleitung der von Michael Roman großartig gestalteten Bass-Arie „Sie schallt, die Posaun’“.

Viel Grund zur Freude bot das Solistenquartett, das sich durch Stilsicherheit und die Fähigkeit, die Arien durch barocke Verzierungen zu schmücken, auszeichnete. Die Sopranistin Anabelle Hund überzeugte in beiden Arien durch Höhenglanz und vor allem in „Ich weiß, dass mein Erlöser lebet“ durch Legatokultur. Der Tenor Thomas Jakobs gestaltete die Secco- und Accompagnato-Rezitative sehr empfindsam und erfreute mit der (selten zu hörenden, da meist gestrichenen) Arie „Du zerschlägst sie mit dem eisernen Zepter“. Die ausnehmend weich und sinnlich timbrierte Stimme des Altus Thomas Nauwartat-Schultze ist dazu angetan, all jene zu missionieren, die immer noch Vorbehalte gegen das Stimmfach haben. Seine grandios gestaltete Arie „Er ward verschmähet“ mit dem dramatischen Allegro-Mittelteil „Den Rücken bot er den Peinigern“ war ein Höhepunkt des Abends – neben dem „Halleluja“ selbstredend.

Als die finale „Amen“-Fuge verklungen war, erhob sich ohrenbetäubender Applaus. Claudia Schwabe ahnte, dass ein „Halleluja“-Dacapo erwartet wurde. Nach kundigem Blick durch die Reihen entschied sie, dass alle Chorsänger bei der Zugabe in ihrer jeweiligen Stimmlage mitsingen sollten. Und so erhob sich in Friedrichsfeld ein gewaltiges „Halleluja“, das in vielen Seelen die wahre Weihnachtsfreude entzündete.
Waltraud Brunst

 

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